Die Schweiz ist voller Geschichten, Ideen und Inspirationen: Voller Charakterchöpf. Ein Charakterchopf ist jeder auf seine eigene Art und Weise. Es sind Leute wie Sie und ich. Jeder bringt seine Geschichte und seine Ideen mit, die inspirieren und berühren können. Was bewegt unsere Gesellschaft? Was wünschen wir uns? Worin sind wir besonders gut und was können wir noch besser machen? Charakterchöpf lassen uns an ihren Gedanken teilhaben und geben wertvolle Impulse.

Im Juni 2019 teilen uns drei Charakterchöpf offen und ehrlich ihre Gedanken zum Thema «Was bedeutet Freiwilligkeit für Sie? Und warum ist persönliches Engagement gerade heute wichtig?» mit.

Die Beiträge sind von den Autoren selbst geschrieben, damit ihre Meinung unverfälscht und authentisch präsentiert wird.

Auf Twitter und Facebook kann jetzt für den Charakterchopf des Monats abgestimmt werden:

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Markus Freitag

«Freiwilligkeit ist für mich der <soziale Kitt>, der die Gesellschaft zusammenhält. Mit ihrem freiwilligen Engagement investieren Bürgerinnen und Bürger aus freien Stücken und weitgehend unbezahlt Zeit, Geld und Energie, um Dinge in Bewegung zu bringen, sich für andere Menschen, Organisationen und Behörden einzusetzen und einen Beitrag zum Gemeinwohl zu leisten.

Dabei erstreckt sich das Spektrum möglicher Formen von Freiwilligentätigkeit vom Engagement in Sport-, Hobby- und Freizeitvereinen, unentgeltlicher Arbeit im sozialen, gesundheitlichen oder kulturellen Bereich, über die freiwillige Übernahme politischer Ämter bis hin zur gegenseitigen Hilfe unter Nachbarn. Diese Vielfalt an Tätigkeiten macht deutlich, dass freiwilliges Engagement aus der Gesellschaft nur schwerlich wegzudenken wäre, ohne gleichzeitig einen schmerzlichen Verlust an Formenreichtum und vor allem an Qualität des öffentlichen Lebens in Kauf zu nehmen.

Freiwilligkeit hilft indes nicht nur der Gesellschaft. In heutigen Zeiten der Unübersichtlichkeit und Unsicherheit wirkt freiwilliges Mittun an einer gemeinsamen Sache Sinn- und Identitätsstiftend. Und wenn die Beschleunigung unserer Lebenswelten das gegenwärtige Problem ist, dann vermag Freiwilligkeit die nötige Resonanz zu schaffen, um es zu lösen.»

Markus Freitag, Professor für politische Soziologie an der Universität Bern

(Foto: Philipp Baer)

 

 

 

Pirmin Meyer

«Als vor zwei Jahren ein Parteikollege aus dem Zürcher Gemeinderat zurücktrat, wagte ich den Schritt in die Freiwilligenarbeit. Ich bereue es bis heute nicht. Wobei mir das Jonglieren von Familie, Beruf und Politik nicht immer leichtfällt und das Milizsystem fragil ist: Hohe Fluktuationen erschweren es, ein ernstzunehmender Sparringpartner für Exekutive und Verwaltung zu sein. Zum politischen Milizsystem, das auf Freiwilligkeit, persönlichem Engagement sowie auf der Kombination von Beruf und Politik beruht, sehe ich keine Alternative. Jedoch braucht das Milizsystem ein Update für die Lebenswelt im 21. Jahrhundert. Stellvertreter- und Tandemmodelle müssen fester Bestandteil des Politbetriebs werden. Auch die Parteien und die Gemeinden sind gefragt, neue Mitmachangebote und Plattformen für eine breitere Partizipation zu schaffen. Als Mitgründer des glp Lab – dem offenen Politlabor der Grünliberalen, erlebte ich in den letzten 3 Jahren, wie Teilnehmende aus verschiedenen Parteien mit Teilnehmenden ohne politische Heimat gemeinsam an Lösungen tüftelten und wie diese erfolgreich in die Politik eingebracht wurden. Persönliches Engagement ist und bleibt relevant und zeigt Wirkung. Auch Frauenstreik und Klimastreik elektrisieren die Massen. Die Rahmenbedingungen werden aber immer noch in Bundesbern gemacht. Wählen wir am 20.10. Köpfe, die gewillt sind, vorwärtszumachen – bei Elternzeit, Europa und Klimaschutz.»

Pirmin Meyer, GLP-Gemeinderat Stadt Zürich und Head Public Affairs Zurich Schweiz

(Foto: Esther Michel)

 

 

 

Anna Stuenzi

«Ich kann mich freiwillig melden, einen Kuchen für das Geburtstagskind zu backen, ich kann einer älteren Person die Einkäufe nach Hause bringen, eine Demonstration organisieren
oder einen Blog über nachhaltige Finanzen schreiben. Für mich bedeutet Freiwilligkeit ein Engagement für etwas, dem man grosse Bedeutung schenkt und daher bereit ist, dafür Zeit und Ressourcen aufzuwenden. Das kann einmalig sein oder eine längerfristige Verpflich-tung bedeuten, es kann einer bestimmten Person oder der ganzen Bevölkerung zu Gute kommen, das Quartier betreffen oder eine bestimmte Tierart retten. Durch freiwilliges En-gagement werden manchmal Bedürfnisse sichtbar, welche beispielsweise die Gründung eines Unternehmens oder die Formulierung eines neuen Gesetzes überhaupt erst anstos-sen. Vor allem aber kann man durch ein freiwilliges Engagement aktiv die Gesellschaft und die Welt, in der wir leben, mitgestalten. Ob in der Vergangenheit oder heute - wo die An-kunft von geflüchteten Menschen zu Abwehrreaktionen in Teilen der Gesellschaft führt und wo die Weltgemeinschaft noch immer erst zögerlich Massnahmen gegen den Klimawandel beschliesst - es braucht immer Individuen, die nicht auf den Wandel warten, sondern selbst aufstehen und sich freiwillig dafür einsetzen, dass sich etwas verändert.»

Anna Stünzi, Vizepräsidentin foraus – Forum für Aussenpolitik

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