Die Schweiz ist voller Geschichten, Ideen und Inspirationen: Voller Charakterchöpf. Ein Charakterchopf ist jeder auf seine eigene Art und Weise. Es sind Leute wie Sie und ich.

Was bewegt unsere Gesellschaft? Was wünschen wir uns? Worin sind wir besonders gut und was können wir noch besser machen? Charakterchöpf lassen uns an ihren Gedanken teilhaben und geben wertvolle Impulse.

In der Special Edition teilen uns drei Charakterchöpf offen und ehrlich ihre Gedanken zum Thema «Was ist für Sie die grösste Herausforderung in der Krise? Und wo sehen Sie die grösste Chance für Ihr Geschäft?» mit.

Die Beiträge sind von den Autoren selbst geschrieben, damit ihre Meinung unverfälscht und authentisch repräsentiert wird.

Auf Twitter, Facebook und in unserer Instagram-Story kann während 24 Stunden für den Charakterchopf gestimmt werden, der ihnen am besten gefällt:

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Unsere Charakterchöpf

«Wenn wir unsere Gäste auf Hausführungen durch unser Hotelmuseum führen, zeigen wir ihnen auch immer die Gästebücher der Sommersaison 1914. Damals ging es, von einem vollen Haus mitten in der Hochsaison nach Ausbruch des 1. Weltkriegs, nur wenige Tage bis alle Gäste weg waren und das Haus vorzeitig schliessen musste. Wir alle haben wahrscheinlich gedacht, dass dies etwas sein wird, was dem Waldhaus nur einmal passiert ist und nun hat uns der vergangene März eines Besseren belehrt: nach den Massnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus, mussten wir sehr spontan beschliessen, das Hotel 5 Wochen früher als geplant zu schliessen und sind so innerhalb weniger Tage von einem vollen Haus zu einem Hotel im Dornröschenschlaf mutiert. So traurig dieses Erlebnis war, so dankbar waren wir, dass alle unsere Gäste und Mitarbeiter gesund nach Hause durften. Unsere grösste Herausforderung ist aktuell die Ungewissheit in der wir sind: wir wissen zwar, dass wir im Juni unser Hotel für die Sommersaison eröffnen dürfen und freuen uns sehr darauf endlich wieder Gäste und Mitarbeiter im Haus zu haben, aber noch ist nicht klar wie der Hotelalltag im Sommer 2020 aussehen wird, wir wissen noch nicht genau was wir anbieten können, es ist nicht klar, wie viele Gäste bis dahin überhaupt reisen dürfen und wollen und so wissen wir natürlich auch nicht ob wir dann genügend Arbeit für alle unseren Mitarbeiter haben werden.

Es gibt uns Zuversicht zu wissen, dass das Waldhaus in seinen bisher 112 Jahren schon manchen Sturm überstanden hat und so sind wir zuversichtlich, dass es auch diesen überstehen wird. Die Geschichte ist sicher auch in dieser aktuell schwierigen Lage eine grosse Chance. Viele Gäste und Mitarbeitende haben eine lange Verbindung mit dem Waldhaus und ich bin mir sicher, dass diese Verbindungen auch in Zukunft bestehen bleiben und wir gemeinsam mit unseren treuen Gästen und Mitarbeitenden diese Krise überstehen und gestärkt aus ihr herauskommen werden.»

Claudio Dietrich, Direktor Waldhaus Sils

 

 

«Die grösste Herausforderung in der Krise war der Lockdown – de facto ein Arbeitsverbot, verbunden mit grosser Unsicherheit und fehlender zeitlichen Perspektive. Ich musste geplante Behandlungen triagieren, ohne zu wissen, wann ich wieder aufmachen darf. Viele Patienten tragen aktive Mechaniken, deren zeitnahe Kontrollen unabdingbar sind. Gewisse Produkte im Hygienebereich sind nicht vollumfänglich verfügbar. Während dem Lockdown war das noch unproblematisch, die eigenen Reserven genügten. In der Zwischenzeit sind die meisten Produkte, wenn auch zu neuen Konditionen, wieder verfügbar. Es gilt den Patienten zu vermitteln, dass die Hygiene, wie bereits in der Vor-Corona-Zeit, einen hohen Stellenwert hat und Behandlungen problemlos möglich sind, die Kosten dafür jedoch laufend zunehmen. Die Krise ist in diesem Sinne auch eine Chance, da die Patienten nun besser verstehen, welcher Aufwand hinter den Hygienemassnahmen steckt. Die Kostenstrukturen und das Preisniveau eines Zahnarztbesuchs werden dadurch verständlicher.

An dieser Stelle möchte ich auch den Behörden ein Lob aussprechen. In einer unsicheren Situation, wo nur (zweifelhafte) Daten aus China zur Verfügung standen und man dem Chaos in Italien zusehen konnte, musste gehandelt werden, ohne die zeitliche Perspektive oder das Ausmass der Krise vorherzusehen. Im Vergleich zu anderen Ländern, waren die Massnahmen bei uns überlegt und angemessen. Es wurde stufenweise angepasst, Ruhe bewahrt und sauber kommuniziert und informiert.

Gesamtwirtschaftlich sehe ich insbesondere darin eine Chance, dass der Bewusstseinswandel in Bezug auf die Globalisierung beschleunigt wird. Das globale Transportsystem, welches weder für Personen noch für Waren die effektiven Kosten trägt (Klimaproblematik, staatliche Subventionen...) kann jetzt hinterfragt und reduziert werden. Als Folge ist zu hoffen, dass regionale, überstaatliche Wirtschaftsräume und Wertschöpfungsketten an Bedeutung gewinnen, statt ausschliesslich auf weltweite Monopolstandorte zu setzen. Dies reduziert die Bildung monopolistischer Wirtschaftsstrukturen (Herstellung von Waren nur noch an einem Ort mit entsprechenden Abhängigkeiten) und fördert so den Wettbewerb. Um Rahmenbedingungen für solche regionalen, überstaatlichen Wirtschaftsräume vorzugeben, wäre ein weltweites, föderal organisiertes System wünschenswert. Das macht nicht nur umwelt- sondern auch versorgungstechnisch Sinn.»

Ueli Rickenmann, Kieferorthopäde Praxis Dr. U. Rickenmann

 

 

«Ich habe die letzten Wochen intensiv nachgedacht. Über das Fortbestehen und die Transparenz der Modeindustrie. Darüber, was mir wichtig ist und was ich mit meiner Mode erreichen möchte, ob ich überhaupt noch Mode machen soll, und über vieles mehr. Ich denke, wir haben durch die Entschleunigung von 100% auf quasi 0 eine Chance erhalten, uns neu zu definieren. Wir können uns Gedanken darüber machen, was wir zukünftig als wichtig erachten. Und was eventuell nicht mehr. Als Schweizer Modedesignerin war es mir schon immer wichtig, Kleidung zu entwerfen, die nachhaltig ist: qualitativ sehr hochwertige Stoffe, passende Schnitte und beste Verarbeitung. Ausserdem ist es mir seit 10 Jahren ein Anliegen sowohl mit Profis als auch mit Lernenden in der Anfertigung zu arbeiten.»

Jennifer Wagner, Modedesignerin & Gründerin skirts

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