Die Schweiz ist voller Geschichten, Ideen und Inspirationen: Voller Charakterchöpf. Ein Charakterchopf ist jeder auf seine eigene Art und Weise. Es sind Leute wie Sie und ich.

Was bewegt unsere Gesellschaft? Was wünschen wir uns? Worin sind wir besonders gut und was können wir noch besser machen? Charakterchöpf lassen uns an ihren Gedanken teilhaben und geben wertvolle Impulse.

Im Juli und August 2020 wird eine dreiteilige Spezialausgabe mit insgesamt neun Charakterchöpf veröffentlicht. Sie teilen uns offen und ehrlich ihre Gedanken zur Frage «In die weite Welt hinaus. In der Schweiz zuhause und in der Welt bewegend. Was liebst du an der Schweiz und warum zieht es dich über die Landesgrenzen hinaus?» mit.

Die Beiträge sind von den Autoren selbst geschrieben, damit ihre Meinung unverfälscht und authentisch präsentiert wird.

Auf Twitter, Facebook und in unserer Instagram-Story kann während 24 Stunden für den Charakterchopf des Monats gestimmt werden:

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Unsere Charakterchöpf – Teil 1

«In der Schweiz leben zu dürfen ist ein Privileg. Die Schweiz ist ein Wunderland. Um diese Heimat richtig schätzen zu lernen muss man in die Welt hinaus – sonst fehlt einem ja der Vergleich. Es reicht aber kaum, wenn man dies bloss ferienreisend tut. Es gilt die internationale Arbeitswelt zu entdecken und diese als Prüfstein für die eigenen Ideen und Produkte zu benützen. Der professionelle Gedankenaustauch ist bereichernd und führt oft zu entscheidenden Verbesserungen einer Sache. Der Test auf Exportfähigkeit der eigenen Leistungen ist entscheidend für jede Art von Markterfolg, und nicht vergessen, der Wohlstand der Schweiz kam mit dem Export von herausragenden Produkten.»

Willi Glaeser, Schweizer Designer und Möbelfabrikant

 

«In der Schweiz lebe ich erst seit neun Jahren. Die letzten sieben als (Un-)Ruheständler in Bern meinem letzten Posten als deutscher Diplomat. Ausgerechnet in Corona Zeiten hat es sich so gefügt, dass wir nach Kilchberg/Zürich ziehen. Seine ganze Habe zu sichten und – möglichst - etwas zu reduzieren führt zwangsläufig dazu auf die vielen Stationen zu blicken, die meine Frau und ich zusammen in den letzten Jahrzehnten erlebten. Für sie schliesst sich mit Zürich der Kreislauf, für mich bringt es eine neue Perspektive des Landes, das zu meiner Wahlheimat wurde. USA, Nigeria, Finnland, London und wieder Washington sind einige dieser Stationen.

Für mich wichtig war die Studienzeit in Konstanz, erstmals der Schweiz sehr nahe. Danach blieb sie Jahrzehnte das Land in dem wir Ferien machten. Mein Fokus waren die Beziehungen zu den USA, die Abrüstung chemischer und nuklearer Waffen, immer aber auch die Herausforderung der Kommunikation zwischen Staaten und Menschen.
Die EU sah ich als den nicht infrage zu stellenden Garanten des Friedens in Europa.
Erst in der Schweiz realisierte ich, dass man Europäer sein kann und doch seine Mühe mit der Union hat.
Corona hat uns alle zum Nachdenken gezwungen. Selbstverständliches verwandelte sich plötzlich in existentielle Krisen. Glücklicherweise war es bisher für die meisten nur ein Blick, nicht ein Sturz, in den Abgrund. Was lernen wir? Hoffentlich, dass der erste egoistische Reflex vieler Staaten keine gute Idee war und es gerade Zusammenarbeit braucht um die Krise zu meistern und hoffentlich mittelfristig die Erfahrungen zum Guten zu nutzen. Ganz klar ist das bei der Wissenschaft. Nur durch Austausch aller Informationen und Zusammenarbeit werden wir schnell den Impfstoff bekommen, der allein Corona besiegen kann. Auch in der EU setzt die Not Energien frei, die hoffentlich allen helfen. Auch dabei verkrustete Strukturen zu überwinden. Und in der Schweiz hat man erlebt wie stark die Verflechtungen sind und das gute Krisenmanagement zu Hause nicht ausreicht, wenn es andernorts schlechter läuft.

Ich wünsche mir, dass diese Erfahrungen auch dazu führen, dass die Schweiz und die EU bald den Rahmen schaffen in dem sie -von diesen Erfahrungen geleitet- das Fundament des erspriesslichen Zusammenlebens finden, das es erlaubt mit Gelassenheit die jeweiligen Herausforderungen zu meistern. Dabei werde ich vom neuen Ort aus engagierter Beobachter bleiben.»

Peter Gottwald, ehem. Diplomat

 

«Was die Liebe zu Nationen angeht, sei es die Schweiz, in der ich geboren und aufgewachsen bin, sei es Deutschland, wo ich nun mein halbes Leben verbracht habe, geht es mir wie Gustav Heinemann, dem ehemaligen deutschen Bundespräsidenten, der einem Interviewer beschieden hat, er liebe keine Staaten, er liebe seine Frau.
Mehr als an einem bestimmten Ort, fühle ich mich in der deutschen Sprache zuhause und ich schätze am Leben in Deutschland, dass ich in derselben Sprache spreche, denke und träume, in der ich auch schreibe. Mich hat es in der Schweiz irritiert, dass ich eine Sprache zum Sprechen und eine andere zum Schreiben habe. Das aber ist eine ganz persönliche Ansicht. Andere Schweizer Autoren – zum Beispiel Max Frisch – schätzen oder schätzten gerade die beinahe artifizielle Distanz, die beim Wechsel von der Mundart in die Schriftsprache entsteht.
Mein Auswandern nach Deutschland wird in der Schweiz gerne als Votum gegen die Schweiz verstanden, als politischer Akt. Das klingt zwar ganz gut, stimmt aber eigentlich nicht. Es gab in Deutschland eine berufliche Change, Freunde, Verbündete, bald eine Liebe und letzten Endes lebe ich einfach gerne in einer größeren Stadt – so wie manch einer gerne in Fussweite des Waldes lebt und ein anderer in Sichtweite des Meeres.»

Jonas Lüscher, Schriftsteller

(Foto: Geri Born)

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