Als Franzose, dessen Herz für die Schweiz schlägt und der viele Jahre im Ausland gelebt hat. Inwieweit hat Ihnen der Blick über den Tellerrand (über die Landesgrenzen hinaus) geholfen, um in Ihrem Beruf erfolgreich zu sein?
Das Leben im Ausland ist eine unglaubliche Erfahrung und ich empfehle es allen jungen Menschen. Am Anfang muss man sich anpassen, eine andere Kultur, eine andere Art, Geschäfte zu machen, akzeptieren. Dafür wird man mit einer neuen Perspektive belohnt.
So kann man Herausforderungen mit einer prismatischen Sichtweise angehen. Als ich nach Hongkong kam, wurde mir schnell klar, dass ich nicht nur mein technisches Fachwissen aus Europa einbringen konnte, sondern auch, dass meine dortigen Erfahrungen meine Fähigkeiten erheblich verbessern würden.
Außerdem habe ich als Student in den Vereinigten Staaten gelebt. Damals wurde mir klar, dass der amerikanische Traum meist ein Mythos ist. Wenn man im Ausland ist, wird einem klar, dass die Dinge nicht schwarz-weiß sind.
Es ist, als hätte man mehr Parameter, um die Dinge besser zu verstehen, was für die Wirtschaft eindeutig ein Vorteil ist.
Welche Erfahrungen im Ausland haben Sie massgeblich geprägt?
Hongkong verfolgte nach SARS (2003) eine ganz klare Wirtschaftspolitik: mehr qualifizierte Ausländer aufzunehmen, um die lokalen Fähigkeiten zu stärken, die dann eine nachhaltige Entwicklung ermöglichen würden.
Viele ehrgeizige Länder versuchen, gut ausgebildete Köpfe von unseren Universitäten anzuziehen. Allzu oft lassen sich diese Expats dort nieder und bleiben dort, weil es sehr schwierig ist, unter guten Bedingungen zurückzukehren. Die Unternehmen haben oft weder den Willen noch die Kapazität, diese ausgebildeten und erfahrenen Führungskräfte ins Heimatland zu holen.
Ein Land, das seine klugen Köpfe ins Ausland schickt und in der Lage ist, sie zurückkehren zu lassen, ist ein Land, das langfristig Wohlstand schafft.
Worauf haben Sie sich bei Ihrer Rückkehr in die Schweiz am meisten gefreut?
Als ich in die Schweiz kam, habe ich ein sehr attraktives Land wiederentdeckt. Das Gesundheitssystem ist hervorragend, das Bildungssystem und die Universitäten sind sehr gut, die Wirtschaft ist robust. Als Vater von zwei Töchtern bin ich froh, dass sie von solchen Leistungen profitieren können.
Aber am beeindruckendsten sind die Freiheit und die Demokratie. Die 'Abstimmung' ist ein unvergleichliches Instrument der Meinungsäußerung. Auch die Bewältigung der Covid-Krise erfolgte mit einem Respekt vor der Freiheit des Einzelnen, wie ich ihn sonst nirgends erlebt habe.
Welche Perspektive sollte die Schweiz stärker erkennen, im Kontext der internationalen Vernetzung?
Ich denke, dass die Schweiz ihre Position gegenüber Europa klären und versuchen sollte, einen konstruktiven Dialog wieder aufzunehmen.
Die Schweiz ist ein Vorbild für viele Länder, Länderbündnisse.
Europa hat viel zu gewinnen, wenn es mit der Schweiz zusammenarbeitet. Die Schweiz sollte daher Europa die Gründe für ihren Erfolg aufzeigen, um es zu beeinflussen, in diese Richtung zu gehen.
Wie sieht eine Schweiz ohne Europa aus?
Einige Länder versuchen, sich ohne Europa neu zu erfinden... Bisher ist das nicht gelungen. Europa hat viele Schwächen, aber im Großen und Ganzen ist es positiv für seine Mitglieder und die umliegenden Länder.
Wie weit wären Sie bereit, für wirtschaftliche Vorteile, Abstriche an der Direkten Demokratie mit Referendum und Initiative zu akzeptieren?
Die Schweiz ist ein reiches Land mit einer starken Wirtschaft. Zugleich ist sie eine der am besten funktionierenden Demokratien der Welt. Theoretisch gibt es keinen Grund für Kompromisse.
Die Schaffung von Europa ist ein Projekt von Jahrzehnten, von Generationen. Es geht nur langsam voran, und die Entscheidungsträger müssen neben wirtschaftlichen Risiken, Kriegen und menschlichen Tragödien auch schwierige Entscheidungen treffen.
Diese Union ist nicht perfekt und wird es wahrscheinlich auch nie sein. Auch hier kann die Schweiz ihre Erfahrung mit partizipativer Demokratie und nachhaltiger Wertschöpfung für ihre Bürger einbringen.
Die Schweiz muss versuchen, den Dialog wieder aufzunehmen und könnte in einigen Bereichen den Protektionismus aufgeben, aber sicher nicht die Demokratie.
Europa hin oder her, London war immer das Finanzzentrum Europas, weil London immer in der Lage war, Fachkräfte anzuziehen. Wir sollten keine Angst haben, den Markt zu öffnen, im Gegenteil, diese Öffnung kann sogar die Wettbewerbsfähigkeit stärken.
Die größte Herausforderung des europäischen Aufbaus wird darin bestehen, den demokratischen Prozess hinzuzufügen. Die Demokratie ist nicht verhandelbar.
SD21 Ambassadors bewegen die Schweiz
Schweizer:innen erkennen Chancen in der Gestaltung unserer Beziehungen mit Europa, wie das Chancenbarometer zeigt. Wir müssen diese aber auch nutzen – mutiger und reformwilliger werden. Dies gelingt nur dann, wenn Dialog stattfindet und auf einen gemeinsamen gesellschaftlichen Konsens gezielt wird.
Dafür brauchen wir Persönlichkeiten, die unseren Horizont erweitern und uns inspirieren können. Wir brauchen SD21-Ambassadors. Regelmässig portraitieren wir Unternehmer:innen, Meinungsmacher:innen, Entscheidungsträger:innen und junge Wilde, die uns einen anderen Blick auf unsere Heimat geben.