Wie wichtig unbürokratische Entscheide sind, haben die letzten Monate bewiesen. Es braucht weitere kreative Lösungen, damit wir die Gesellschaft und Wirtschaft auch in Zukunft stärken können.
Nach viel investierter Arbeit und mehreren Bemühungen, den Anlass in einer anderen Form zu realisieren, mussten wir schweren Herzens den Ideenwettbewerb 5vor12 – Preis für schlaue De-Regulierung aufs nächste Jahr verschieben. Es wäre schade, einen Anlass, der von persönlichen Begegnungen und Menschen mir sprühenden Ideen lebt, komplett digital durchzuführen und würde niemandem gerecht.
Wir sind dennoch sehr glücklich über die Auswahl der Finalist:innen – Salomè Vogt, Elias Maier & Dominic Eichenberger – und freuen uns extrem darauf, sie nächstes Jahr live sprechen zu hören! Hier erfahren Sie bereits mehr über ihre Ideen, die Schweiz zu entparagrafieren:
Dominic Eichenberger, Leiter Kommunikations- und Digitalabteilung Bern Welcome
Das Problem: Der Dschungel der Bewilligungen
Um eine Veranstaltung zu organisieren, benötigt es je nach Art/Umfang der Veranstaltung dafür eine oder mehrere schriftliche Bewilligungen, die man rechtzeitig organisieren/einholen muss, um die Veranstaltung durchzuführen. So kann man zum Beispiel bei der Stadt Bern allerlei beschreibbare PDF Dokument ausfüllen und diese dann via E-Mail einreichen. Wie, wer und wann dieser Ablauf beeinflusst, ist oft dem Gesuchsteller ein Rätsel.
Die Lösung: Eine E-Plattform für Gesuche aller Art
Wir lösen diese „PDF-Formulare“ ab, indem wir eine ganzheitliche E-Plattform für Gesuche aller Art erstellen. Diese E-Plattform lässt sich auch gleich national kompatibel aufbauen, je nach den kantonalen Bedürfnissen. So kann ein Veranstalter zum Beispiel in deutscher Sprache unter www.gesuche.ch sich einmalig mit seinen Kontaktdaten registrieren. Anhand den persönlichen Logindaten kann der Veranstalter die jeweiligen Gesuche für die geplanten Aktivitäten gleich direkt digital erfassen. Bei wiederkehrenden Veranstaltungen kann der Veranstalter auf seine erfassten Daten zurückgreifen und gleich mittels Duplikat mit wenig Aufwand das neue Gesuch aktualisieren. Durch die digitale Erfassung ist der Ablauf ab diesem Zeitpunkt voll automatisiert. Der Veranstalter hat die Möglichkeit eingeloggt jederzeit seinen Status seines Gesuchs zu überprüfen und hat direkten Zugang zur Person, die sein Gesuch im Prozess begleitet.
Nach der Freigabe bekommt jede Veranstaltung eine eigene Identität, sprich eine spezifische Landingpage mit allen erfassten Informationen rund um die Veranstaltung. Diese Landingpage soll einen Mehrfachnutzen für alle involvierten Parteien bieten. In Zeiten von Covid-19 könnte diese Landingpage auch gleich für die Erfassung der Kontaktdaten der teilnehmenden Personen am Event/Veranstaltung dienen. Dies würde eine zentralisierte Erfassung der Daten rund um die Veranstaltung ermöglichen. Auch die Verrechnung der Leistungen kann gleich digital abgewickelt werden, um die postalischen Abläufe in der Verwaltung zu eliminieren, sprich Ressourcen und Zeit einzusparen. Bei der Projektidee stehen Ganzheitlichkeit, Transparenz, Digitalisierung, Automation und Kundenzentrierung im Fokus. Die bürokratischen Verwaltungsabläufe werden homogenisiert, digitalisiert und zugleich beschleunigt, dies im Interesse aller beteiligten Personen. Die E-Plattform soll modular konstruiert werden, um die Flexibilität künftiger Bedürfnissen gerecht zu werden. Durch die Automatisierung dieser Abläufe können die Prozesse alle digital (auch vom Homeoffice aus) durch die Beamten gesteuert werden. Dies würde einen weiteren Nutzen für die Gesellschaft und Wirtschaft ermöglichen, dass die oft wunderschönen, denkmalgeschützten Verwaltungsgebäude im Zentrum der Stadt (Beispiel Bern) einen neuen Reiz bekommen und andersweitig wie z.B. als Boutique Hotel oder Co-Working-Space genützt werden können. Anknüpfungspunkte wie Synergiepotential ist mannigfaltig und lässt sich ganzheitlich denkend auch noch problemlos erweitern.
Elias Maier, Geschäftsführer Schweizerischer Verband der Bürgergemeinden und Korporationen (SVBK)
Das Problem: Aufwändige Baugesuche
Ob für das Errichten einer Popup-Bar oder beim Bau oder Rennovation eines Gebäudes: überall sind aufwändige Baugesuche notwendig. Baugesuche mit den dazugehörenden Nachweisen sind enorm aufwendig, verursachen hohe Kosten und zu guter Letzt auch einen riesigen Berg an Papier. Im Kanton Bern umfasst ein durchschnittliches Baugesuch über 100 Seiten. Zudem werden die relativ grossen Dokumente mehrfach zwischen dem Gesuchsteller, Gemeinde und Behörden per Post verschickt. Weitere Probleme liegen in der Bearbeitung der Gesuche und beim nationalen Fachkräftemangel in Bauverwaltungen. So kommt es bei der Bearbeitung von Baugesuchen zu massiven Verzögerungen und Fristen können nicht eingehalten werden. Dies verzögert die Realisierung von Bauprojekten.
Die Lösung: Ein nationaler, elektronischer Bau One-Stop-Shop
Baugesuche sowie die dazugehörenden Nachweise sollen möglichst einfach und digital auf einer nationalen Plattform eingereicht und publiziert werden. Gesuche sollen durch die zuständigen Behörden geprüft und anschliessend den notwendigen Fachstellen auf einer Plattform zugestellt werden. Auch Einsprachen sollen über die Plattform erfolgen. Besonders bei einfachen Gesuchen, bspw. beim Aufstellen einer Werbeblache oder der Realisierung eines Popupbetriebes, sollen Gesuche möglichst rasch bearbeitet werden können. Künftig könnte gar eine Blockchain Lösung Gesuche innert kürzester Zeit bewilligen. Die Idee soll eine nationale Harmonisierung und Vereinfachung der Baugesetzgebung erzielen, damit die Eingabe standardisiert erfolgen kann. Realisiert würde sie mit einer Gesetzesänderung (Revision des Bundesgesetzes über die Raumplanung (RPG)) der kantonalen und kommunalen Baugesetzgebungen oder im Rahmen eines Konkordates. Ein erster Schritt dazu wurde bereits erreicht, indem formelle Baubegriffe wie Höhen, Abstände und Geschossigkeit durch ein Konkordat geregelt sind. Unterstützung könnte durch den Hauseigentümerverband sowie Gewerbe- und Wirtschaftsverbände erfolgen. Bauprojekte könnten zukünftig innerhalb kurzer Fristen realisiert werden. Der Prozess wird massiv beschleunigt, vergünstigt und vereinfacht und es gibt eine einheitliche Anlaufstelle/Webseite. Bürger*innen und die Wirtschaft werden bei der Eingabe von Baugesuchen massiv entlastet. Durch den Verzicht von Millionen (vermutlich Milliarden) gedruckten Seiten Papier wird auch die Umwelt geschont. Zum andern sollen aber auch die Bauverwaltungen der Gemeinden entlastet oder abgeschafft werden. Diese sollen sich für die Bearbeitung der eGesuchen zu effizienten, regionalen oder städtischen Bauverwaltungshubs zusammenschliessen. Damit könnte dem Fachkräftemangel entgegnet werden und die Gemeinden sparen Mittel.
Salomè Vogt, Leiterin Avenir Jeunesse
Das Problem: Beitragslücken führen zu Kürzungen der Rente
Erwerbsunterbrüche, z.B. für die Familiengründung, Weiterbildungen oder Auslandsaufenthalte gehören zum Alltag von Männern und Frauen. Derartige Pausen sind jedoch schlecht in unserer dreisäuligen Vorsorge gedeckt und können später zu erheblichen Rentenverlusten führen. So sind in der ersten Säule für die Bestimmung der Altersrente nicht nur die Höhe der AHV-Sparbeiträge, sondern auch ihr Zeitpunkt relevant. Werden in einem bestimmten Jahr keine bezahlt, kann dies zu einer Kürzung von mindestens 2,3 Prozent der Altersrente führen. Beitragslücken z.B. in Folge eines längeren Auslandsaufenthaltes, oder weil Beiträge während der Studienjahre vergessen wurden, können nur beschränkt – innerhalb von fünf Jahren – kompensiert werden. Liegen Beitragslücken länger als fünf Jahre zurück, sind keine Nachzahlungen möglich und die Rente wird lebenslänglich gekürzt.
Die Lösung: Abschaffung der Fünfjahresfrist für Nachzahlungen in die AHV
Unsere Altersvorsorge sollte Erwerbsunterbrüche sowie zeitgemässe Lebensmodelle besser berücksichtigen. Um bei fehlender rechtzeitiger Nachzahlung der Beiträge nicht mit einer lebenslangen Rentenkürzung konfrontiert zu sein, soll bei der AHV die Fünfjahressfrist für Nachzahlungen aufgehoben werden. Die Höhe der Beiträge wie auch die Anzahl Jahre die nachgezahlt werden dürfen, soll so definiert werden, dass Nachzahlungen vor allem der Besserung der eigenen Vorsorgesituation dienen und nicht für Steueroptimierungen missbraucht werden können. Gefordert sind Bundespolitik für den gesetzlichen Rahmen und die Ausgleichskassen bei der Umsetzung. Die Idee umzusetzen lohnt sich für alle. Wir leben in einer Zeit, die unterschiedliche Berufsbiografien ermöglicht. Erwerbsunterbrüche kommen öfters vor, Teilzeitarbeit nimmt zu und immer weniger Menschen starten ihre berufliche Laufbahn im gleichen Unternehmen, in welchem sie in Rente gehen. Das heisst, die Fälle in denen ein Betrieb ein Leben lang für die Vorsorge seiner Mitarbeiter sorgt, sind seltener geworden. Diese neuen Realitäten gilt es auch im Gesetz abzubilden. Für die AHV bedeutet dies, dass es im Falle von Beitragslücken dem Einzelnen möglich gemacht werden muss, eigenverantwortlich die persönliche Vorsorgesituation – unabhängig von einer Fünfjahresfrist – zu verbessern.