Bildung - Wer tut was und wie?
Die Runde der namhaften Perönlichkeiten aus Bildung, Politik und Wirtschaft diskutierte engagiert entlang der folgenden Fragestellungen:
- Wir sind stolz auf das duale Bildungssystem, aber zu Recht? Bilden wir die richtigen Berufe aus? Bieten wir die richtigen Bachelor- und Mastergrades an? Sind die Berufsbilder noch aktuell? Bilden wir genügend Kompetenzen für eine moderne Wirtschaft?
- Wie effizient ist unsere Bildung? Muss sie vielleicht kontingentiert werden? Bzw. messen, incentivieren wir den Return/Payback?
- Wer soll Verantwortung tragen für die Bildung: Erziehungsverantwortliche, Bildungsstruktur, Wirtschaft?
- Ist unser Bildungssystem flexibel? Stichworte: Halbwertszeiten, Veränderungsdruck, Globalisierung.
- Welche Kompetenzen (persönliche, soziale, methodische, fachliche...) und welches Wissen sollen für den Standort Schweiz stehen?
- Welche Grade an Flexibilität, Offenheit und Vernetzung soll das Schweizer Bildungssystem aufweisen – auch zur klaren internationalen Differenzierung
Der Ruf nach Eigenverantwortung & Rahmenbedingungen
Deutlich wurde in der Debatte, dass dem Ruf nach mehr staatlich finanzierten Bildungsangeboten mit Skepsis begegnet wird. Diese war gleichzeitig aber auch verbunden mit der Aufforderung auch an Unternehmungen und das persönliche Umfeld von Auszubildenden, mehr Verantwortung in der Bildung zu übernehmen – also diese nicht einfach dem Staat bzw. der Gesellschaft zu zuschieben. Einig waren sich die Teilnehmenden unter anderem, dass mindestens in Form einer Wahlfreiheit Tagesschulstrukturen zu befürworten wären, um auch die volkswirtschaftlich erwünschte und sinnvolle Beschäftigung von Frauen, insbesondere auch von gut qualifizierten, zu ermöglichen. Dabei wurde in verschiedenen Voten immer wieder an die Eigenverantwortung appelliert, wobei man sich einig war, dass gewisse gesellschaftliche und fiskalische Rahmenbedingungen anreizverzerrend auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie einwirken.
Kostentransparenz - eine mögliche Lösung?
Deutlich wurde in den Diskussionen, dass die Transparenz, was Bildung eigentlich kostet, vor allem in den öffentlichen Schulen fehlt. Entsprechend ist das Votum, dass sich Bildung "lohnen müsse", in aller Konsequenz nur dann wirksam, wenn Bildungskosten individuell erkennbar sind. Vermieden werden müsse, dass das gute bis sehr gute Schul- und Weiterbildungsangebot in der Schweiz "als zu billig" empfunden werde, bzw. eben als gemeinschaftlich gestiftetes Gut quasi ohne Preis konsumierbar sei – weil "was nichts kostet, taugt nichts" keine Referenz an die Bildung sei.
Die Rolle des Lehrers und sein Image
Entsprechend forderten verschiedene Votanten auch eine Korrektur des Images des Lehrerberufes, das in den Jahren gelitten hat – verbunden auch mit einer besseren Entlöhnung bei gleichzeitig wachsender Verantwortung und einem höheren Mass an unternehmerischen Freiheiten bei der Gestaltung und Führung des Ausbildungsbetriebs. Schlussendlich ist die Lehrperson die wichtige Inspirationsquelle, der Motivator und mögliches Rollenvorbilder eines jeden Schülers. Somit soll auch sie selbst ständig weitergebildet werden, nicht zuletzt im Hinblick auf die Digitalisierung, technologisches Entwicklung und laufenden Trends.
Das Duale Bildungssystem - Stolz darf die Schweiz darauf sein
Engagiert debattiert wurde in Folge auch über die Tertiäre Bildung – allen voran über die Entwicklung der Fachhochschulen; hier war der grösste Dissens spürbar zwischen dem Anspruch, die praxisbezogene höhere Aus- und Weiterbildung zu fördern und der Skepsis, ob damit nicht eine Verwässerung und Pseudo-Akademisierung von bisher nicht akademisierten Berufsabschlüssen auf Kosten einer "elitären" Hochschulbildung verbunden sei. Festgestellt wurde aber wohl zu Recht, dass die Tertiärisierung der Berufsbildung einen generellen Trend darstellt und letztlich der Entwicklung zu einer Wissensgesellschaft geschuldet ist. Entsprechend blieb das duale Bildungssystem der Schweiz als Erfolgsgeschichte weitgehend von Kritik ausgespart, wenn auch der eine oder andere Teilnehmer ein Fragezeichen bei der Qualität und Breite des Angebotes setzen mochte. Einig war man sich dabei insbesondere auch in der Feststellung, dass Bildung immer auf dem Leistungsprinzip beruhen müsse – und dieses mutmasslich wieder stärker eingefordert werden müsse.
Einig schien sich die Runde in der Bewertung, dass der Wissens- und Ausbildungsstandort Schweiz weniger im Bereich der Fachausbildung ein Problem hat, als vielmehr auf die Sozialkompetenz der Studierenden und jungen Berufsleute stärkeres Gewicht gelegt werden sollte – da hier auch ein kompetitiver Vorteil gegenüber den Fachkräften aus dem Ausland zu verteidigen wäre. Interessant war in diesem Zusammenhang dann auch die Feststellung, dass die Abgrenzung der einzelnen Bildungsmodule – Volksschule und Gymnasium, Lehre und Berufsschulen, Fachhochschule und Universitäten – immer mit Brüchen für die Auszubildenden verbunden sind; kurzum liegen die Schwachstellen des helvetischen Bildungssystems weniger in den Bildungsangeboten als solche, als vielmehr in den Übergängen zwischen ihnen. Hier könnten individuelles Coaching oder Mentoring, wie es etwa Firmen in Baden-Württemberg in enger Zusammenarbeit mit Hochschulen anbieten (in der Form der Dualen Hochschule), Effizienzgewinne für jeden Einzelnen und das Kollektiv sicherstellen.
Die Konklusion: Bildung ist ein Privileg und jeder Einzelne in der Pflicht
Zentral war schliesslich die Erkenntnis, dass Bildung eben immer auch ein Privileg und gleichzeitig eine Pflicht darstellt – für den Einzelnen, für die Gesellschaft und für die Wohlstandsicherung in diesem Land, und dass diese Einsicht wieder verstärkt in die gesellschaftliche Debatte und die Prioritätensetzung jedes Einzelnen einfliessen müsste. In einer zunehmend hedonisierten und individualisierten Gesellschaft mögen das hehre Appelle sein – sie bleiben nicht minder berechtigt in einem Land, das nur über wenige nachwachsende Rohstoffe verfügt, mit der Intelligenz in der breitesten Form als wichtigstem.