Es mag sein, dass ich in meiner Rolle als Präsident einer Jungpartei ein wenig voreingenommen bin. Doch steht es wirklich so schlecht um die Jugend, wie Katharina Bracher in der NZZ am Sonntag vom 14. August 2016 geschrieben hat? Sie spricht von einer „Retraditionalisierung“, dass die Jugend aufgehört habe, „die Gesellschaft herauszufordern“ und rebellisch zu sein.
Nur wenige Tage nach der Publikation des Artikels hat die Jugendkampagne gegen die AHV Initiative gestartet. Unter der Leitung der Jungfreisinnigen werden sich in den nächsten Wochen in verschiedenen Schweizer Städten junge Leute aus den Reihen von JSVP, JBDP, JCVP, JGLP, JEVP und Jungfreisinn gemeinsam gegen eine Erhöhung der AHV Rente einsetzen. Diese Erhöhung würde mindestens 5 Mrd. CHF pro Jahr auf die Kreditkarte der jungen Generation belasten. Das Engagement zeigt exemplarisch, dass sich die Jungen wehren, wenn Politiker ihre Zukunft verbauen. Dass wir dazu nicht rebellisch durch die Strassen ziehen, zeugt von unserem Verständnis für Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Respekt gegenüber Eigentum.
Die Jungfreisinnigen vertreten seit Jahrzehnten die Stimme einer jungen, freiheitlich denkenden Generation. Unsere Mitgliederbasis wächst, von Politikverdrossenheit - wenigstens bei uns - fehlt jede Spur. Unsere Mitglieder wollen wissen, wohin die Zukunft geht. Sie wollen mitbestimmen, und das Zepter nicht „den Alten in Bern“ überlassen. Sie engagieren sich ehrenamtlich, neben Arbeit und Studium, für eine gesunde Altersvorsorge, die dank eigenverantwortlichem Sparen brilliert und nicht wegen (zu) hoher Umverteilung zu Grunde geht. Die Jungfreisinnigen setzen sich gegen eine hohe Steuerbelastung und Bürokratie ein, die zum Albtraum für jeden Start-Up Unternehmer wird. Sie wollen ein entspanntes Verhältnis mit der EU und die Beibehaltung der bilateralen Verträge, welche uns ermöglichen, vom kulturellen und wirtschaftlichen Austausch mit anderen Ländern zu profitieren.
Meine Generation denkt politisch. Sie teilt auch zu wichtigen Themen Beiträge mit ihrer Meinung auf Twitter und Facebook und verfolgen das Tagesgeschehen in Echtzeit. Was wir aber nicht mögen, ist, immer mehr bevormundet zu werden. Umso mehr Verantwortung der Jugend genommen wird, umso tiefer auch die Lust, sich für etwas einzusetzen. Ohne Freiheit werden wir nie lernen, mit Verantwortung umzugehen. Und hat sich die Schweiz in der Vergangenheit nicht genau durch das Hochhalten der individuellen Freiheit ausgezeichnet? Um den Wunsch von Katharina Bracher nach einer „Jugend, die öffentlich aufbegehrt, die sich politisch einbringt, die widerspricht“ zu erfüllen, muss der Jugend vermehrt Vertrauen geschenkt werden. Vertrauen und die Freiheit, auch eine Dummheit zu machen - um von den Konsequenzen davon dazuzulernen.
Ich bin zuversichtlich, dass in der heutigen Jugend ein enormes, zum Teil noch ungenutztes Potenzial steckt. Lassen wir dem freien Lauf und seien wir optimistisch, was auf uns zukommt.
Andri Silberschmidt - Präsident der Jungfreisinnigen