Es gibt nicht die Meinung der Jugend. Diese Erkenntnis ist nicht erst seit der, letzte Woche publizierten Jugendumfrage 2015 der Eidgenössischen Kommission für Kinder und Jugendfragen (EKKJ), bekannt. Der Dachverband Schweizer Jugendparlamente DSJ setzt sich seit 20 Jahren dafür ein, dass Jugendliche Plattformen bekommen, wo sie ihre Ideen, Anliegen und Meinungen in die Politik einbringen können. In diesen Jahren hat der DSJ die Erfahrung gemacht, dass es keine einheitliche Meinung der Jugend gibt, sondern dass sie sehr vielfältige Ideen und Anliegen haben. In dieser Vielfalt, verbunden mit dem Drang der Jugend, etwas zu bewirken, liegt ein unglaubliches Innovationspotenzial für Gesellschaft, Politik und Wirtschaft.
Nur ein Ständerat unter 35 Jahren
In der heutigen Gesellschaft schaffen es Jugendliche einfacher, ihre neuen Ideen und Anliegen einzubringen, als dies früher der Fall war. So zeigt sich, dass es vielfach die Jugendlichen sind, die gesellschaftliche Trends setzen. Dies hat unterschiedliche Gründe – sicher spielt die liberale Gesellschaft, die Globalisierung und die neuen Kommunikationsmittel eine fördernde Rolle. In der Wirtschaft und in der Politik wird das Potenzial der Jugend jedoch klar vernachlässigt. Fragt man junge Nationalräten, was das schwierigste im Wahlkampf war, hört man meistens: auf der Liste der Mutterpartei einen Platz zu finden. Im Ständerat ist gerade ein einziger Politiker in der zu Ende gehenden Legislatur unter 35 Jahre alt. Dieser repräsentiert somit als einer von 48 Ständeräten neben seinem Kanton auch als einziger gut 40% der Bevölkerung nämlich die, Jugend im Ständerat. Ebenfalls gibt es auf Gemeindeebene sehr selten Gemeinderäte unter 25 Jahren. Auch wenn die Gemeinden vielfach grosse Mühe haben, Personen für ihre Milizämter zu rekrutieren ist die Nachwuchsförderung bisher kein grosses Thema.
Innovationskraft als einzige wirkliche Ressource
Wenn man einmal von einigen erfolgreichen Start-ups absieht, ist auch hier die Lage eher dürftig. Eine Studie von KfW Economic Research hat in diesem Frühling gezeigt, dass das Alter der KMU-Unternehmer in Deutschland seit der Jahrtausendewende stark angestiegen ist. In der Schweiz wird es wohl nicht anders sein. Junge Verwaltungsräte oder Stiftungsräte sind die absolute Ausnahme.
Es sind vor allem die veralteten Machtstrukturen in Politik und Wirtschaft, welche die Entfaltung der Innovationskraft der Jugendlichen verhindern. Gewiss, mit 20 Jahren Bundesrat oder CEO der UBS zu werden, ist wohl unmöglich. Dafür braucht es mehr Erfahrung. Aber dass die Ideen und Anliegen der Jugendliche bis in die Machtzentren von Politik und Wirtschaft gelangen, dafür muss gesorgt werden. Es braucht den Mut, die Jugend mitwirken zu lassen – dadurch wird sie nicht nur Verantwortung übernehmen. Dieser Mut wird sich auch langfristig auszahlen, insbesondere in einem Land, wo die einzige wirkliche Ressource die Innovationskraft ist.
Wie kann die Innovationskraft der Jugend gefördert werden?
Die wohl einfachste Möglichkeit ist die praxisbezogene und unbürokratische Förderung des Nachwuchses in Politik und Wirtschaft. Einerseits brauchen Jugendliche dazu wirkliche Mitwirkungsmöglichkeiten, beispielsweise mit Jugendparlamenten in Gemeinden, Jugend-Clubs in Unternehmen oder Jugendräte in Verbänden. Jugendliche möchten nicht überall mitreden, aber dort wo sie mitreden können, sollen sie auch wirklich mitentscheiden und mitwirken dürfen – auch wenn die Gemeindepräsidenten, CEOs oder Verbandspräsidenten vielleicht eine andere Meinung haben.
Die Förderung des Innovationspotenzials der Jugend heisst auch in innovative Ideen, Projekte und Produkte von Jugendlichen zu investieren. Dazu braucht es finanzielle Mittel. Innovation heisst auch immer Investition. Die Frage stellt sich nur, wer für diese Investition verantwortlich ist. Die Unternehmen sollten ein grosses, eigenes Interesse haben, innerhalb des Betriebs dieses Innovationspotenzial mittels entsprechenden Partizipationsformen zu fördern.
So wird das politische und wirtschaftliche Erfolgsmodell der Schweiz gestärkt
Bei der politischen Nachwuchsförderung hat neben dem Staat auch die Wirtschaft ein Interesse an kompetentem Nachwuchs für das politische System. Gerade die Wirtschaft ist auf innovative und gut funktionierende staatliche Strukturen als Rahmenbedingungen angewiesen. Insbesondere in einem Land wie der Schweiz, wo breite Bevölkerungsschichten durch das Milizprinzip und die direkte Demokratie im politischen System einbezogen sind, braucht es eine breite politische Nachwuchsförderung. Eine Kampagne für das Milizprinzip ist ein Schritt in die richtige Richtung. Aber es braucht mehr, nämlich den erklärten Willen, in die Jugend zu investieren.
Ein Investitionsinstrument könnte eine neue gemeinnützige Förderinstitution sein, welche Partizipationsformen für Jugendliche in Politik und Wirtschaft fördert, damit diese dort innovative Ideen, Projekt und Produkte entwickeln können. Die Vergabe sollte unbürokratisch sein und die Selbstverantwortung der Jugendlichen stärken. Langfristig zahlt sich diese Investition in die Jugend aus und trägt zur Stärkung des politischen und wirtschaftlichen Erfolgsmodells der Schweiz bei.
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Der Dachverband Schweizer Jugendparlamente DSJ fördert seit 20 Jahren die politische Partizipation von Jugendlichen. Dies erfolgt einerseits, indem er Jugendparlamente unterstützt und fördert. Andererseits fördert der DSJ die politische Partizipation von Jugendlichen durch eigene Angebote wie easyvote oder engage.ch. easyvote informiert multimedial, einfach verständlich und politisch neutral über kantonale und nationale Abstimmungsvorlagen und Wahlen und motiviert junge StimmbürgerInnen auch daran teilzunehmen. engage.ch ist eine Plattform, wo Jugendliche einfach ihre Anliegen einbringen können. Der DSJ arbeitet immer unter dem Motto „von der Jugend für die Jugend“.